Der erste Teil der Reiseroute Kolumbien beginnt in Cartagena und geht dann entlang der Küste nach über Barranquilla und entlang der Laguna Sienaga Grande de Santa Marta zur Karibikküste. Casa Grandn ist der östlichere Übernachtungsplatz und Los Angeles der westliche. Wir fahren dann ein Stück zurück gen Westen in den Nationalpark Tayrona und übernachten hier wieder direkt an der Küste. Ein Ausflug ins Landesinnere führt dann nach Minca.

Nun also Kolumbien: Seit einer Woche sind wir nun im Land, und es gefällt uns richtig gut. Im Moment stehen wir auf einem sehr schönen, mit Palmen bestandenen Strandcamping, ca. 200 Km östlich von Cartagena, und bevor ich die letzten Tage seit unserer Ankunft in Cartagena beschreibe, möchte ich noch einmal versuchen, unsere Eindrücke von America Central kurz zusammen zu fassen.

Allen Ländern, außer vielleicht Costa Rica, ist gemein, dass der Unterschied zwischen Arm und Reich immens ist, und an der Art des Wohnens, der Fortbewegung, des Schulsystems gut sichtbar wird. Die staatlichen Schulsysteme z.B. vermitteln Grundwissen, Englisch als wichtigste Zweitsprache wird kaum gelehrt. In den Städten gehen die Kinder und Jugendlichen regelmäßig am Vormittag und am Nachmittag zum Unterricht, auf dem Land liegen die Schulen oft schon um 11.00 Uhr am Vormittag verlassen da. Da es keine Bebauungspläne gibt, stehen bewohnte Bretterbuden unmittelbar an der mit Stacheldraht gesicherten Grundstücksmauer der Wohlhabenderen. Auf den Straßen fahren Fahrräder, Mopeds und Pferdefuhrwerke und überfüllte Kleinbusse und dicke, teure Pickups einträchtig nebeneinander her.

Unser Aufenthalt in America Central war auch von Vorsicht geprägt, Vorsicht vor Diebstahl und Raub, Vorsicht bei der Wahl der Übernachtungsplätze. Außer in Costa Rica (das in vieler Hinsicht eine Sonderstellung einnimmt) haben wir nie frei übernachtet, sondern sind meistens einer Empfehlung aus den Globetrotter-Foren gefolgt, d.h. wir haben an sicheren Orten, wie Hotels, Schwimmbädern, Clubs, usw... übernachtet. Alle diese Übernachtungsplätze waren vielfach erprobt, und wir fühlten uns durch die immer, auch Nachts anwesenden Sicherheitskräfte, ziemlich sicher.

Über Landschaften und ökologische Sünden habe ich schon mehrfach geschrieben; während in Guatemala, Honduras und auch in Nicaragua die ländliche Bevölkerung den Urwald durch Maisanpflanzungen und endlose Wiesen ruiniert, haben wir in Costa Rica großflächige Anpflanzungen von Ananas und Ölpalmen gefunden (absoluter Negativpunkt!), und in Panama zugunsten von wenigen Rindviechern grüne Wiesen, wo ehemals Urwald stand. Gerade Panama scheint auf dem Weg der Fleischkammer für die USA zu sein.

Was uns oft traurig gestimmt hat, waren die Unmengen an Plastikmüll, die die Straßen säumen. In den Supermärkten werden die Waren großzügig in Plastiktüten verpackt. Unser Verzicht auf Tüten hat oft ungläubiges Kopfschütteln hervor gerufen.

Was uns neben der überbordenden Natur, den Tieren und Pflanzen und den Bauwerken der Maya so viel Spaß gemacht hat, waren die Kontakte zu den Menschen verschiedener Kulturen. Wir haben nur positive Erfahrungen gemacht, und das lag vielleicht auch daran, dass wir den Menschen immer mit einem Lächeln auf den Lippen begegnet sind. Grenzbeamte, Soldaten und Polizisten haben uns stets freundlich und korrekt behandelt, im Supermarkt rannten die Angestellten hin und her, damit ich mein Vollkornmehl kaufen konnte, und die Menschen auf der Straße freuten sich, wenn wir ihr Land „muy bonito“ fanden. Aus vielerlei Erzählungen von Reisenden in Süd-Nord-Richtung wissen wir, dass wir auch in Südamerika ähnlich freundlich empfangen werden.

Nun ein Blick auf und in das Womo. Was wir unterschätzt haben, waren die Probleme, die die Regenzeit mit sich bringen. Das waren keine dramatischen Geschichten, aber wenn nach einer „Regenwanderung“ zwei Tage später die Wanderschuhe innen grünen Schimmelbelag aufweisen, macht das keine gute Laune. Wenn man nicht auf passt, macht der Schimmel vor gar nichts halt: Er setzt sich an den Baumwollrändern der Moskitonetze fest, knabbert an unseren Baumwollvorhängen, und hat es sogar auf unseren Synthetik-Duschvorhang geschafft. Der Tropenregen hingegen setzt zwei von unseren Fenstern so zu,dass Hartmut ihnen mit Pattex (zum Abdichten) zu Leibe rücken musste, damit der Regen nicht weiter nach innen dringt. Unsere Schuhe sind ewig nass und schlammig, d.h. ständiges Reinigen ist Pflicht, bevor die Schuhe ins WoMo dürfen. Hat sich mal ein Paar ohne diese Prozedur rein geschmuggelt, heißt es anschließend: Boden fegen und wischen.

An den Stränden wird es dann richtig blöd: Nässe allein ist schon lästig, aber Nässe plus Sand toppt alles. Hier greifen wir auf einen Trick von Siggi und Hillu zurück, die mit ihrem Fahrzeug „Pummel“ mittlerweile in Belize unterwegs sind: Eine Schüssel, gefüllt mit Wasser, ersetzt den Fußabtreter. Der Boden ist dann innen immer etwas feucht, aber relativ sandfrei. Jede Nacht bestehe ich darauf, dass wir unsere Füße abbürsten, trotzdem habe ich den Eindruck, am Strand zu nächtigen. Aber, was soll es: auch der ewige Kampf gegen den Dreck im Womo gehört zu so einer Reise dazu, und zu Hause wird schließlich auch jede Woche einmal geputzt.

Jetzt, in Kolumbien, scheint die Regenzeit vorbei zu sein, und wir genießen es, nicht jeden Tag mit dem Scheuerlappen in der Hand da zu stehen. In dem feucht warmen Klima ist die Temperatur im Womo durchaus ein Problem, wenn die Tagestemperaturen 33°Grad und mehr erreichen und die Nachttemperaturen bei 27° Grad liegen (im Womo ist es noch wärmer), muss man sich Nachts schon mal was einfallen lassen. Unser Deckenventilator muss hier lobend erwähnt werden, der noch nie schlapp gemacht hat, und einiges an Wärme aus dem Womo nach draußen schaufelt. Wenn wir ins Bett gehen, tritt mein Ventilator am Bett in Aktion, wunderbar, trotz des relativ lauten Brummens. So haben wir bisher fast jeder Tropennacht getrotzt, auch ohne Klimaanlage. Dennoch mieteten wir uns in Cartagena für 4 Tage im Hotel ein, aber das gehört jetzt endgültig zur neue Web-Seite zu Südamerika.


Mittwoch, 19.11.2014 In Cartagena stehen wir in der ersten Nacht an der Promenade eines Sees, direkt im besten Hoteldistrikt von Cartagena, dicht beim Hilton Hotel. Am Morgen mieten wir uns im naheliegenden Hotel Caribe ein, das uns Zimmer mit Klimaanlage und großen Pool im tropischen Garten bietet. Dann bummeln wir durch Cartagena, und leiden unter der Hitze und der Feuchtigkeit. Am nächsten Tag marschiere ich mit Handtuch und Ersatzhemd und -Bluse durch die Stadt, der Waschlappen steckt in der Hosentasche. Innerhalb der Stadtmauer hat sich Cartagena für die Touristen heraus geputzt, überall gibt es schöne Geschäfte und Restaurants. Aber länger als 4 Stunden ertragen wir die Wärme nicht und am späten Nachmittag genießen wir dann wieder den Pool und unseren Cappucino im Hotel.

Nach zwei Tagen wird das Hotel so rappel voll, dass wir für zwei Nächte in ein anderes Hotel am Stadtrand umziehen. Das Zimmer ist modern und schön eingerichtet, aber das Hotel gehört nicht zu der Sorte, in der wir einen Urlaub, geschweige denn ein Wochenende verbringen würden. Es ist riesengroß und das Publikum ist deutlich anders als im Hotel Caribe.

Am Samstag fährt Hartmut noch einmal mit dem Taxi nach Cartagena, während ich ausgiebig telefoniere. Als Hartmut nach seiner Fototour zurück kommt, fällt mir siedend heiß ein, dass unser Schwager Traugott, mit dem ich gerade vor einer Stunde telefoniert habe, gestern Geburtstag hatte. Meine Schwägerin Friedericke hatte zwar am Telefon von einer Feier erzählt, und dass in zwei Stunden die Gäste kämen, aber nicht im Entferntesten habe ich Traugotts Geburtstag damit in Verbindung gebracht, peinlich, peinlich!! Wir wählen in Windeseile erneut die Telefonnummer von Familie Klose, und können nun doch noch nachträglich gratulieren.

Sonntag, 23.11.2014 Nach der üblichen „Einpack-Prozedur“ geht es erst Mittags los, obwohl wir ca. 250 Kilometer zu bewältigen haben. Wir wollen zu einem Strandcamping in unmittelbarer Nähe des Park National Tayrona fahren, ein Tipp unserer italienischen Globetrotterin. Als ich ins Auto steige, bin ich schon wieder schweißnass und so wandern Handtuch, trockenes Unterhemd und trockene Bluse mit nach vorn; wegen der hohen Außentemperatur müssen wir die Klimaanlage sofort einschalten, und deshalb sitzen wir auch entsprechend gekleidet, im Fahrerhaus, ich sogar mit Strickjacke, langer Hose , und festen Schuhen an den Füßen. Hartmut ist nicht so empfindlich, der fährt mit kurzen Hosen und Sandalen.

Es wird eine lange Fahrt; die Hauptstraße ist gut in Schuss, kostet aber umgerechnet pro hundert Kilometer fast 10 Euro. Eine Fahrt durch Barranquilla gleicht dagegen teilweise einem Schlagloch-Marathon. In der Stadt versuche ich, eine Post ausfindig zu machen, und finde in einem geöffneten Supermarkt an der Information einen Englisch sprechenden jungen Mann, der mir verspricht, meine 5 Postkarten bei der Post Servientrega International abzugeben, die sich direkt neben dem Supermarkt befindet. Ich bin erleichtert, aber erfahre später, dass es sich hierbei um einen Kurierdienst handelt, da es in Kolumbien kaum noch eine staatliche Post gibt. Ob die 5 ordnungsgemäß frankierten Karten trotzdem befördert werden, wird sich in 3 bis 4 Monaten zeigen. Wir durchfahren eine Menschen leere Landschaft, grüne Wiesen, mit Büschen und hohen Bäumen darin. Wir vermuten, dass auch hier einst Urwald stand. Wir überqueren den Rio Magdalena, der Kolumbien vom äußersten Süden bis zum äußersten Norden durchzieht. Wir fahren weiter auf der Straße, die hier auf einem Damm entlang führt, der die Karibische See von der Cienaga Grande, einer riesigen Lagune, trennt. Hier leben die Ärmsten der Armen in einem der ärmsten Gebiete Kolumbiens. Links und rechts des Dammes ziehen sich die slumartigen Behausungen der Fischer entlang, die bei Regenfällen nicht nur von Wasser, sondern auch von Abfall und Kot umspült werden (lt. Reise Know How Kolumbien). Die Straße ist von Müll und Plastiktüten gesäumt. Sehr wenige Bewohner versuchen dennoch, den Platz vor ihrem Haus sauber zu halten, die Mehrheit jedoch hat wohl längst resigniert. Rechter Hand steigt die Sierra Nevada de Santa Martha auf, des höchsten Küstengebirges der Welt. Hier leben noch heute die Stämme der Arhuaco und Kogi, die niemals von den Spaniern unterworfen werden konnten. Die Küste ist unterschiedlich gestaltet, es gibt Mangroven, es gibt aber auch wunderbare, von Felsen gesäumte Sandbuchten mit hohen Palmenwäldern dahinter. Leider ist das Baden an dieser Küste wegen der tückischen Strömungen kaum möglich. Wir kommen noch bei Tageslicht auf dem Platz Casa Grande an.

Montag, 24.11.2014 Der Platz ist genau das Richtige für uns: keine Musik plärrt, dafür können wir im Restaurant günstig Fisch essen, und der Strand ist paradiesisch. Gegen die Sandflöhe wird eifrig der Boden besprüht. Wir erleben zum ersten Mal zwei Frauen und zwei Kinder der Arhuaco, die hier für einige Monate leben. Die Frauen, mit langen schwarzen Haaren und Pony, sind klein und zierlich, tragen eine sehr schöne schlichte weiße Wickeltracht und können kein Spanisch. Das Alter des einen der beiden Jungen kann ich nur aufgrund seiner vorderen Zahnlücke auf 6 bis 7 Jahre schätzen: bei den Arhuaco ist das Alter einfach nicht wichtig und deshalb weiß Niemand, wie alt er ist.


Mittwoch, 26.11.2014 Heute Mittag, nach zwei geruhsamen Tagen, machen wir uns nach Minca auf, im Reiseführer als Künstler- und Vogelort beschrieben. Wir quälen uns eine unerhört schlechte mit großen Schlaglöchern durchsetzte Straße hinauf, bis wir den bis vor wenigen Jahren von Guerilla, Paramilitärs und Kolumbianischen Streitkräften umkämpften Ort erreichen. Nach einigen Diskussionen wagt sich Hartmut durch ein niedriges und schmales Eingangstor zu einem Hotel, und wir verbringen auf einem kleinen Parkplatz eine ruhige Nacht.


Donnerstag, 27.11.2014 Am frühen Morgen machen wir eine vogelkundliche Wanderung um den Ort herum. Unser Führer ist zwar kein ausgewiesener Biologe, aber das ist hier auch nicht nötig. Es gibt so viele Vögel zu bestaunen, dass wir voll auf unsere Kosten kommen. Anschließend bewundern wir nach dem Mittagessen auf der Terrasse mal wieder Kolibris, die hier wieder in anderen Farben zu bewundern sind.


Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg zum Tayrona-Nationalpark, der über astronomische Eintrittspreise verfügt. Nach Adam Riese sollen wir bis morgen Abend umgerechnet 36 Euro für den Eintritt bezahlen und finden das ganz schön happig. Aber an der Kasse gibt es aufgrund unserer mangelnden Spanischkenntnisse ein, wie Hartmut es ausdrückt, „Riesenkuddelmuddel“, in dessen Verlauf der junge Verkäufer völlig die Übersicht verliert, und uns schließlich für 10 Euro durch winkt. Wir steuern den einzigen Campingplatz an, der mit dem Auto erreichbar ist. Da wir die einzigen Gäste sind, dürfen wir über die Parkplatzabsperrung hinaus in einen wunderbaren Palmenhain fahren, der einst zum Anwesen eines Drogenbarons gehörte. Nach dem Abendessen sitzen wir ganzkörperbesprüht draußen und schauen den Glühwürmchen zu. Die sind hier eine Nummer größer, als zu Hause, und vollführen wahre Höllenritte bis in die höchsten Palmwedel hinein. Dabei blinken sie so hell, dass sie jedes Feuerwerk in den Schatten stellen.

Freitag, 28.11.2014 Nach einem kurzen Strandspaziergang fahren wir zum zentralen Punkt des Parks, mit Museum, Verkaufsstand und Parkplatz. Von hier aus geht eine Wanderung 4 Kilometer zu einem Strand. Da dieser Küstenabschnitt sehr gebirgig ist, ist auch der Wanderweg dem entsprechend. Er ist sehr gut eingerichtet; über schwieriges Gelände führen Bohlenpfade, an zwei Stellen hat man wunderbare Ausblicke auf die karibische See. Es geht pausenlos rauf und runter, nicht immer macht es die Kilometerzahl allein. Der Schweiß fließt in Strömen und als letztendlich das härteste Stück hinter uns liegt, ersparen wir uns die letzte Stunde Wanderzeit, und kehren um.

Samstag, 29.11.2014 Seit gestern Abend stehen wir auf dem Campingplatz Los Angeles, der ein Verbotsschild am Eingang hängen hat, ein durchgekreuztes Radio! Hierher kommen auch gern viele Ausländer, die in Kolumbien arbeiten, und hier treffen wir junge Leute, die teils als Lehrer, teils als Entwicklungshelfer in Barranquilla arbeiten. Claude und Mari Jo trudeln mit ihrem Hilux plus Mini-Kabine ein. Sie sind seit 18 Jahren in Asien, Afrika und Südamerika unterwegs, und kennen selbstverständlich auch unsere Italienerin, die wir in Panama kennengelernt haben. Sie reisen ohne Toilette, Dusche, Tisch und Stuhl, gekocht wird auf einem Einflammen-Kocher. Ob sie wenigstens einen kleinen Ventilator an Bord haben, wagen wir nicht, zu fragen. Für uns ist es unfassbar, wie bedürfnislos die Beiden seit Jahren durch die Welt fahren. Aber es scheint ja gut zu funktionieren. Zwei Grundsätze haben sie wohl in all den Jahren vor Schaden bewahrt: 1. Sobald in Malariagebieten die erste Mücke gesichtet wird, geht man ins Womo und bleibt auch dort bis zum nächsten Morgen 2. Das Fahrzeug wird nie allein stehen gelassen, um zum Beispiel einen mehrtägigen Ausflug zu machen.

Schweren Herzens verlassen wir die Karibikküste. Erst in Ecuador werden wir wieder ans Meer kommen. Von Los Angeles aus geht es über Santa Marta nach  Santa Cruz de Mompos. Nach einer langen Pistenfahrt und einer Flussüberquerung auf einer Minifähre besuchen wir diese wunderschöne alte Stadt.

Dann geht es zurück (durch eine endlose Wasserlandschaft) bis zur Hauptstraße ins Inlandkolumbien. Wir verlassen das schwüle Tiefland und schrauben uns im Gebirge hoch. Hunderte von langsamen LKW's verhindern dabei jedes rasche Fortkommen.

In Aquachica übernachten wir in einem Hotel und in Bucaramanga dann hoch über der Stadt auf dem Gelände eines Clubs für Paragliding.

Montag, 01.12.2014 Nach zwei wunderbaren Faulenzertagen mit quasseln, Kokosnusswasser, frischen, eisgekühlten Obstsäften trinken und Fisch essen machen wir uns nach Mompos auf, ein absolutes Muss für jeden Kolumbienreisenden, wenn auch etwas abenteuerlich zu erreichen, nicht nur für Wohnmobilisten. Zunächst läuft alles prima, die gut asphaltierte Straße verläuft schnurgeradeaus, bis wir einen größeren Ort erreichen, durch den wir uns regelrecht hindurch quälen müssen. Es gibt keinen Straßenbelag mehr, die Kanalisationsdeckel liegen, wie hohe Inseln, inmitten der Kreuzung, von tiefen Furchen und Gräben umgeben. Hartmut schafft natürlich jedes Hindernis, und so langsam wurschteln wir uns aus der Stadt hinaus auf eine Gravelroad, die nicht gerade zu den besten gehört. Bis zu einer Gabelung fahren wir durch leicht gewelltes, eingezäuntes Rinderland, ein bisschen wie Schleswig Holstein. Der Eindruck täuscht jedoch: als ich an der Gabelung aussteige und nach dem Weg frage, schlägt mir eine Gluthitze entgegen. Wir entscheiden uns dafür, den Empfehlungen der Einheimischen zu folgen, anstatt dem Navi zu folgen. Es sind immerhin noch 80 Kilometer zu bewältigen, und der Nachmittag hat längst begonnen. Ich rede Hartmut gut zu, denn zur Not fahren wir einfach einen Feldweg zu einem Haus hinauf, und ich zücke meinen spanischen Satz, der da lautet:“ Podemos quedarnos a dormir a qui por esta Noche“?? „Können wir bitte für diese Nacht an ihrem Haus schlafen“?

Der Weg zieht und zieht sich, und es ist schon 5 Uhr, als wir endlich am Ziel sind. Am Ziel???

Wir befinden uns auf einem Feldweg, unmittelbar am Fluss, und auf der anderen Seite liegt Mompos. Mompos hat keine Brücke und ist an drei Seiten von Wasser umgeben dafür aber zwei Fähren, von denen wir die kleine, altersschwache benutzen. Nur unser Womo und zwei Mopeds passen drauf. Auf der Fähre sprühen wir uns hektisch mit Autan ein, denn Mompos hat lt. Reiseführer auch Malariamücken, und die tanzen natürlich besonders gern bei Sonnenuntergang. Dann hetzen wir durch den Ort. So kurz vor der Dunkelheit, die hier um 17.30 beginnt, ist alles, was Beine hat, zu Fuß und auf Mopeds unterwegs. Hartmut muss höllisch aufpassen, dass er nicht einen dieser Kamikazeflieger übersieht. Nach 5 Kilometern erreichen wir die Finca San Ignacio, eine Hotelanlage, in der sich außer dem Manager kein Mensch befindet. Wir dürfen auf dem leicht vermüllten Parkplatz stehen. Für uns ist heute Abend nur wichtig, dass wir nach diesem Fahrtag ruhig und sicher übernachten können. Im Womo zeigt das 'Thermometer trotz eines mit höchster Geschwindigkeit laufenden Deckenventilators um 19.30 immer noch weit über 30°Grad Celsius an. Hartmut erzählt mir dann, dass sein Messinstrument im Auto im Verlauf des Nachmittags 40°Grad angezeigt hat, das sollte ich aber gar nicht wissen. Zumindest wird klar, dass die Klimaanlage trotz meiner anfänglichen Bedenken auch bei diesen Temperaturen ausreicht, nur aussteigen sollte man dann lieber nicht.


Dienstag, 2.12.2014 Am nächsten Morgen, wegen der Hitze so früh es geht, sind wir in der Stadt unterwegs. Die Stadt liegt am Rio Magdalena, und wird aufgrund seiner isolierten Lage eher selten besucht. Sie war im 19.Jahrhundert eine der wichtigsten Handelsstädte, und ist seit 1995 als „Juwel kolonialer Baukunst“ UNESCO-Weltkulturerbe. Die Architektur weist spanische und indianische Elemente auf: Hinter hohen Torbögen verbergen sich hohe Räume und wunderbar begrünte Innenhöfe mit Springbrunnen, die breiten Fenster sind überdacht und mit schmiedeeisernen Gittern versehen. Aber Mompos ist kein Museum, hier wird gelebt, es gibt Werkstätten für Möbel (insbesondere Schaukelstühle mit Rohrgeflecht), sowie viele Geschäfte, in denen filigran gefertigte Schmuckstücke aus gedrehtem Silberdraht angeboten werden. Zwischendrin das übliche Marktgeschehen um die grüne Plaza herum; hier werden Handys noch fein säuberlich neu verdrahtet, wenn sie kaputt gegangen sind. An der teilweise Auto freien Uferpromenade treffen wir Rinaldo, der uns in perfektem Deutsch anspricht; seine Mutter ist Deutsche, sein Vater Kolumbianer, der in Heidelberg an der Universität Mathematik gelehrt hat. Rinaldo zeigt uns das Haus seines Großvaters, das er gerade aufwändig renoviert. Wir können heute Abend direkt an seinem Haus übernachten. Am Nachmittag machen wir mit einigen anderen Touristen eine von ihm vorgeschlagene Bootstour, die über den Brazo Mompos, durch Kanäle hindurch bis zu einem großen, flachen See führt. Überall auf unserem Weg sehen wir die einfachen Häuser der Campesinos, die hier Subsistenzwirtschaft betreiben, also im Wesentlichen vom Fischfang und dem Anbau von Bananen und Maniok leben. An einem Dorf gibt es einen Halt, wir können uns die Füße vertreten. Im Dorf leben die Menschen zusammen mit ihren Hunden und Schweinen in friedlicher Koexistenz. Trotz der Armut ist es relativ sauber, die Kinder gut genährt und fröhlich, die meisten Hütten schon weihnachtlich geschmückt. Für mich besonders anrührend war der Blick in eines der besseren, aus Lehmziegeln gefertigten Häuser: dort stand, in einem sonst völlig leeren Raum ein Plastikweihnachtsbaum in vollem Schmuck, kurz zuvor war ein Schwein vorn zur Tür herein, am Baum vorbei und hinten zum Hof wieder hinaus gelaufen, ein umwerfender Kontrast. Der Rückweg wird zur Nachtfahrt, und der Gehilfe dirigiert den Bootsführer im Schein seiner Taschenlampe mit Handzeichen, da überall Netze aus liegen. Nach einer Ewigkeit sehen wir die beleuchteten Häuser an der Uferpromenade von Mompos auftauchen, wie eine endlose Kette von Reihenhäusern. Ich fühle mich um Jahrhunderte zurück gesetzt, wo die Reisenden nach einer langen, beschwerlichen Flussfahrt endlich die Stadt am Horizont auftauchen sahen. Übrigens hat auch Humboldt hier einige Zeit gelebt und studiert, an „einem der heißesten Orte Südamerikas“, wie er schriftlich fest hielt. Nach unserer Rückkehr genehmigt sich Hartmut noch zwei Margaritas in der Bar von Rinaldo, der sich zu uns gesellt, dann fallen wir todmüde in unsere Koje.

Mittwoch, 03.12.2014 Heute ist wieder ein Fahrtag angesagt. Die grobe Richtung ist die Stadt Bucaramanga, fast 1000 Meter hoch, im Nordosten Kolumbiens gelegen. Bis zur Hauptverkehrsverbindung fahren wir stundenlang durch eine Wasserlandschaft, die ihres Gleichen sucht. Als wir den Rio Magdalena auf einer modernen, hohen Brücke überqueren, sehen wir rechts und links bis zum Horizont ein Labyrinth aus Wasserwegen, Seen und Sumpflandschaften, in der Luft kreisen Adler. Auf der asphaltierten Hauptstraße herrscht ein mörderisches Verkehrschaos, da die Straße gerade vierspurig erweitert wird. Alle paar hundert Meter müssen wir die Spur wechseln, weil ein Teilabschnitt erneuert wird. Der große Stau lässt nicht lange auf sich warten, und langsam drängt schon wieder die Zeit.

Hartmut hat im Overlander-Forum eine Hoteladresse in der Stadt Aguachica entdeckt, und wir biegen kurz entschlossen von dieser schrecklichen Straße ab. Leider stimmen die angegebenen GPS-Daten nicht, und wir irren mal wieder durch die Gegend. Zum Glück sind die Kolumbianer dermaßen nett und hilfsbereit, dass wir, zum wiederholten Male, eine Moped-Eskorte zum Hotel bekommen. Total happy sind wir dann, als wir unser Fahrzeug auf dem ab zu schließenden Nebenhof ab stellen können, der eine Autowaschanlage beherbergt. Weil wir ein gutes Internet haben, sitzt Hartmut noch lange am PC, um Bilder fertig zu machen. Ich möchte eigentlich früh ins Bett, wer weiß wie lang die morgige Etappe wird. Aber Hartmut beruhigt mich, wird wohl nicht so schlimm sein.

Donnerstag, 04.12.2014 Ich beeile mich nicht sonderlich, weil Hartmut eine eher moderate Etappe angekündigt hat. Das stellt sich leider als Irrtum heraus. Aber die Kolumbienkarte hat eben einen Riesenmaßstab, da kann man sich leicht mal vertun. So kommen wir erst gegen Mittag los. Die Strecke zieht sich, bevor wir überhaupt in die Berge abbiegen. Die stark befahrene Straße ist so schmal, dass sie bei den vielen Steigungen meist kein Überholen gestattet, und so zockeln wir hinter den Lastern her. Bald wird klar, dass wir es nicht mehr bis zu unserem angepeilten Übernachtungsplatz auf der Mesa de Los Santos schaffen werden. Wir wollen unser Glück in Bucaramanga versuchen, der Hauptstadt des Departementos Santander. Bucaramango liegt in einem Talkessel unterhalb einer Abbruchkante, von der aus Drachenflieger starten. Und genau dort oben soll es laut Overlander-Website einen Parkplatz geben. Wir quälen uns durch den Verkehr, und es ist schon dämmrig, als wir mehr aus Zufall ein Hinweisschild mit einem Drachenflieger drauf entdecken. Wir fahren drauf los, in der Hoffnung, richtig zu sein. Und tatsächlich wird hinter einer Kurve eine Art Vereinsgelände sichtbar. Wir stoppen sofort, und eine Frau, die uns gesehen hat, öffnet das Tor. Wir stehen auf einem großen Parkplatz, tief unter uns funkeln die Lichter der Stadt. Wir verbringen eine ruhige, sichere, und zum ersten Mal angenehm kühle Nacht im Womo.

Von Bucaramango aus geht es erst einmal zu einem Kurzabstecher zum nahegelegenen Ort Giron (nur 20 km entfernt), wieder einer der schönen kolonialen Perlen in Kolumbien, und dann weiter zur Mesa Los Santos mit dem wunderschönen Hostel Rock Shelter mit dem grandiosen Blick über den Chicamocha Canyon. Dann wieder zurück zur Hauptstraße und weiter gen San Gill durch eine grandiose Gebirgslandschaft. Endlos weite Berglandschaften mit tiefen Tälern, die Straße windet sich auf über 3000 m hoch.

Von San Gill aus fahren wir nach Barichara und übernachten einmal am Pacha Hostel und einmal direkt in Barichara am Canyonabbruch.

Freitag, 05.12.2014 Heute fahren wir ganz entspannt, weil die Etappe wirklich nicht allzu lang ist. Es geht immer weiter hoch, bis wir auf der Mesa sind. Wir fahren bis zum Hostel „Rock Shelter“, ein Tip von Overlandern aus dem Internet. Wir quälen uns einen steilen Zufahrtsweg hoch, steigen aus, und sind überwältigt. Von unserem Platz aus blicken wir direkt in einen Canyon, der zum Canyon de Chicamoca gehört, dem größten Canyon Kolumbiens. Linker Hand wird gerade ein Privathaus fertig gestellt, und rechter Hand liegt das Rock Shelter, das über verschiedene Gebäude verfügt, die sich alle in eine rote Felsenlandschaft einfügen. Die drei privaten Räumlichkeiten für Touristen hat man fast in den felsigen Abgrund hinein gebaut. Vom Bett aus kann man den gesamten Canyon überblicken, nichts für Menschen mit Höhenangst. Wir ziehen unser Womo vor, zumal wir von unserem Womo plus 10 Schritte in etwa die gleichen atemberaubenden Blicke haben. Das junge Paar, dem das alles, einschließlich des neuen Hauses, gehört, kommt aus Bogota, und will sich hier eine Existenz aufbauen. Der junge Mann ist Kletterer aus Passion, und so kommen schon jetzt viele Gleichgesinnte hierher. Das private Domizil ist so toll gemacht, mit Atrium, Wasserbecken und Riesen Terrasse, sodass wir ganz wehmütig an unserer Heidelberger Schachtelhäuschen denken, liegt schließlich auch am Hang und hat eine Terrasse.....


Samstag, 06.12.2014 Wir faulenzen den ganzen Tag, ich schreibe den Brief an die Kinder fertig, und wir laden die jungen Besitzer zum Kaffee ein. Sie sprechen fließend Englisch, und so können sie uns über ihre Pläne erzählen. Ich bin entzückt, als sich deren kleine Katze zu uns gesellt, und unser Womo inspiziert.


Sonntag, 07.12.2014 Heute besuchen wir einen Bauernmarkt, hier eine Mischung aus dem Verkauf von regionalen Produkten und Futterbuden. Dazu ein Kinderspielplatz und Musik. So etwas hatten wir schon lange nicht mehr. Ich kaufe Obst und Gemüse ein und füllen dann unseren Magen. Hartmut geht zielstrebig auf eine Grillbude zu, um sich an Fleisch, Reis und Salat gütlich zu tun. Das Ganze ist zwar billig, aber sehr mäßig . Ich habe mehr Glück. Ich hole mir eine Empanada, eine Maismehltasche, die mit Käse gefüllt und auf der heißen Grillplatte gebacken wird, einfach unglaublich lecker.

Montag, 08.12.2014 Wir müssen uns leider vom Hostel Rock Shelter trennen, und fahren deshalb in Richtung Barichara, einem der schönsten kolonialen Bergdörfer Kolumbiens. Unser Weg führt wieder zurück über die Hochfläche Los Santos, die vom Tourismus lebt. Noch nie, auch nicht in Mittelamerika haben wir so viele Restaurants und Hotels rechts und links der Straße entdeckt.

Die Straße windet sich von der Hochfläche hinunter zum Rio Chicamocha und führt dann eine Zeit am Fluss entlang. Dann windet sie sich die Berge hoch, wir haben fantastische Blicke in den Canyon hinunter und auf die umliegende Bergwelt. Zum ersten Mal seit langem sind wir in einem echten Hochgebirge. An einer Stelle (am total touristischen parque nacional del Chicamochia) gibt es sogar eine Seilbahn, die von der Passhöhe aus zum Fluss hinunter führt und dann auf der anderen Seite zur Hochfläche von Los Santos.

Die weitere Strecke nach San Gill und Barichara windet sich durch das Hochgebirge. Heute ist Feiertag in Kolumbien und wir sind froh, dass keine LKW's unterwegs sind. Wegen des Feiuertages scheint allerdings fast ganz Bucaramanga unterwegs zu sein, die Straße ist ganz schön voll.

Da es um 17:30 schon dunkel wird, versuchen wir, um 16:00 zumindest in der Nähe eines Übernachtungsplatzes zu sein. Ein paar Kilometer vor Barichara möchte Hartmut den Übernachtungstipp von einem Overlander ausprobieren, weil sich das auf der Webseite so toll angehört hat: Stellplatz mit Strom, Lagerfeuer, Hängematten, viele Bücher und Videofilme, heiße Duschen, vegetarisches Essen, usw..., usw.....! Schon die Anfahrt ist für größere Womos als unseres ist eine Zumutung, aber wir schaffen es mit lauten Kratzgeräuschen auf dem Dach unter den niedrigen Bäumen hindurch zu fahren. Der Platz ist zwar ruhig gelegen, inmitten von viel Natur, wirkt aber ausgesprochen runter gekommen. Der Besitzer ist Engländer aus Oxford, aber sein Anwesen ist das totale Gegenteil zum Rock Shelter, alles wirkt etwas vergammelt und ungepflegt. Wir bleiben trotzdem, denn der junge Besitzer ist nett, und wir haben keine Lust mehr für heute. Später kommen wir noch mit einem jungen italienischen Klavierlehrer ins Gespräch, der hier für einige Zeit dem Besitzer gegen Kost und Logie zur Hand geht, und fachsimpeln über Pianisten. Dann machen wir für heute die Luken dicht, und freuen uns auf Barichara.

Dienstag, 09.12.2014 Wir machen uns auf den Weg nach Barichara, eines der schönsten Kolonialdörfer Kolumbiens. Der Ort liegt an einer Schwindel erregenden Abbruchkante eines Plateaus oberhalb eines tiefen Canyons. Früher lebten hier Gruppen des indigenen Volkes der Chibcha, die dem Ort den Namen „Ruheplatz“ gaben. Als wir nach dem Durchwandern der Stadt am Rand des Plateaus stehen, und über den Canyonrand hinweg die Bergketten betrachten, können wir verstehen, wie es zu diesem Namen gekommen sein mag.

Das Stadtbild ist völlig einheitlich, weiß gestrichene Häuserreihen, glatt behauenes Straßenpflaster, die Dächer mit den typischen tunnelförmigen Ziegeln gedeckt. Das Dorf lebt vom Tourismus, aber die Hotels und Geschäfte fügen sich eher dezent in das Gesamtbild ein. Wir traben durch die wunderschönen Gassen und freuen uns, das es hier kaum Autos gibt. Ich kaufe eine kleine Umhängetasche für mein Wörterbuch (das ich sonst irgend wann einmal liegen lassen würde), die aus der Naturfaser „Fique“ gefertigt wurde. Diese Naturfaser ist ein wichtiges Exportgut von Kolumbien. Die aus Fique von Hand gefertigten Gegenstände weichen wohltuend vom Kitsch ab, der sonst so feil geboten wird.

Nach einem vegetarischen Mittagessen fahren wir die 20 Kilometer nach San Gil, ein Ort, der mit einem verwunschenen Garten auf wartet, in dem etwa 2000 „chiminangos“ stehen, Bäume, die mit silbernen Bärten (Tilandsien) über und über bedeckt sind. Überdies ist der Garten, wie in Südamerika zur Weihnachtszeit üblich, üppig mit Lichterketten- und -Figuren geschmückt, für uns Europäer zwar etwas kitschig, aber nett gemacht. Als es zu nieseln anfängt, fahren wir nach Barichara zurück, und übernachten auf einem riesigen freien Platz, direkt an der Abbruchkante des Plateaus. In ein paar Metern Entfernung nicken uns die Bewohner einer längeren Häuserzeile freundlich zu, so dass wir ohne Sorge ins Bett gehen.

Die Tour geht von vom wunderschönen Barichara aus nach San Gil, wo wir versuchen, unsere Wäsche zu waschen. Dann geht es hoch in die Berge, zunächst auf Asphalt und dann Gravel. Leider ereilt uns dann der große Regen, so dass wir vor allem auf der Abfahrt nach Onzaga nichs von der Bergwelt sehen.

In Onzaga übernachten wir auf dem Marktplatz, haben ein Intervierw mit dem Bürgermeister und fahren dann weiter gen Süden, Richtung Sogamoso. Wieder geht es hoch bis weit über 3000 m, dann über eine weite Hochfläche und dann "betreten wir das Allgäu", weite Wiesen und kleine Wälder, eine Allgäulandschaft auf über 3000 m Höhe. Bei Sogamoso übernachten wir auf der Finca San Pedro.

Mittwoch, 10.12.2014 Weil unsere Wäsche unbedingt eine Waschmaschine braucht, und wir seit Tagen auf Wäscherei-Jagd sind, düsen wir gleich früh um 8.00 zurück nach San Gil, das eh auf unserer weiteren Route liegt. Es gibt zwar eine Wäscherei, aber wir könnten die Wäsche erst am Abend wieder abholen. Warum das Waschen hier so schwierig ist, erfahren wir später: der Strom ist für die meisten Menschen so teuer, dass die Wäsche 1. oft nur kalt gewaschen wird, und 2. an der Luft getrocknet wird. Zwei ungeduldige Touristen müssen da unverrichteter Dinge wieder abziehen. Wir ziehen wieder ab.

Dann machen wir uns auf den Weg nach Duitama, unsere Hauptrichtung ist immer noch Bogota, aber das wird noch eine Weile dauern. Wir haben uns für eine Nebenstrecke durch die Berge entschieden, die hier bis auf 4.500 Meter hoch gehen. Bis Mogotes haben Asphalt, dann gibt es nur noch Gravel Road .Schnell wird klar, dass wir nicht annähernd so weit kommen werden, wie wir glaubten. Das heißt, dass heute Nachmittag Stellplatzsuche angesagt ist, wo auch immer. Aber erst mal geht es immer höher in die Berge, die zum großen Teil abgeholzt sind, sehr traurig. Die Blicke sind bis zum Mittag trotzdem grandios. Doch dann ist der Urwald plötzlich da, als Nebelwald. Das Grün der Blätter ist frisch, Pinkfarbene und gelbe Blüten wachsen bis in die Baumkronen hinein. Da Hartmut nur Schritttempo fahren kann, können wir das alles so richtig genießen. Auf der Strecke kommen uns plötzlich Ilse und Jasper van Eh (opdetrappers.nl) auf ihren Reiserädern entgegen, mit vollem Gerödel. Nun sind wir aber platt. Diese Strecke ist nun wirklich nichts für Anfänger, aber wir bezweifeln, ob wir uns das in unserer Fahrradzeit zu getraut hätten. Aber nachdem Ilse und Jasper uns aufgezählt haben, welche Länder sie schon unter der Pedale(trappers) hatten, ist uns klar, dass das hier für sie eher eine Genussfahrt ist. Wir sind schwer beeindruckt. Nach einer Mittagspause fängt es leider an, zu regnen, und von der Strecke sehen wir nichts mehr. Wir ahnen nur, dass es von der Straße aus extrem steil und tief hinunter geht. Etliche Kilometer lang führt die Straße an abgerutschten Hängen entlang, wo es keine Vegetation mehr gibt. Wir durchqueren diese Passagen, so schnell es geht. Hinter dem Örtchen San Joaquin ist die eigentliche Bergetappe zu Ende, und wir fahren durch ein Hochtal, in dem vorzugsweise Fique angebaut wird, eine von der Optik her der Agave ähnlichen Pflanze, aus der die Fiquefaser für die Herstellung von Taschen, Beuteln und kunstgewerblichen Gegenständen gewonnen wird. In ärmlichen Gehöften wohnen Menschen, die meist auch ein paar Kühe besitzen. Das Tal ist landschaftlich wunderschön.

Als wir in dem hübschen Örtchen Onzaga, von grünen Hügeln umgeben, ankommen, ist klar, hier ist für heute Endstation. Zum ersten Mal auf dieser Reise fragen wir bei der örtlichen Polizei, die ihr Gebäude direkt an der Plaza gegenüber der Kirche hat, ob wir dort übernachten dürfen. Natürlich dürfen wir, ein Auto wird noch schnell von unserem vorgesehenen Stellplatz weg gefahren, und dann wird erst mal Konversation gemacht; zum Glück gibt es immer Jemanden, der etwas Englisch kann. Ich reiche meinen Heidelberg-Taschenkalender herum, die Fotos von den Enkeln, im Gegenzug sperrt die Polizei am Abend dann die eine Seite des Platzes vollständig ab. Wir haben eine ruhige Nacht, das Gebimmel der Kirchenglocken hören wir kaum, so müde sind wir.  

Donnerstag, 11.12.2014 Am nächsten Morgen, schon sehr früh, sammeln sich vor dem Büro für Soziales eine Gruppe von Campesinos, die ihren zweimonatigen Scheck von 40 Dollar in Empfang nehmen wollen. Beim Frühstück können wir das alles beobachten. Hier ist der Poncho das Alltags-Bekleidungsstück, und auch die Frauen haben hier Hüte auf, so, wie man das aus den Anden her von Bildern kennt. In Kolumbien wird sich mit Handschlag begrüßt, Jeder scheint Jeden zu kennen. Als ich , noch im Nachtgewand, ein Fenster öffne, steht da der Herr Bürgermeister, und bittet uns, wenn wir denn ein wenig Zeit hätten, zum Interview in sein Rathaus; der junge Mann neben ihm dolmetscht in perfektem Englisch. Da wir eh in Abenteuer-Laune sind, willigen wir ein, und geben das erste Interview unseres Lebens. Das Ganze wird in Bild und Ton auf dem Handy fest gehalten. Ich raspele natürlich ein bisschen Süßholz, aber da wir Land und Leute, und insbesondere auch diese kleine Stadt und ihre Umgebung genießen, liegen wir von der Wahrheit nicht allzu weit entfernt. 'Der Bürgermeister scheint zufrieden zu sein. Bevor wir uns auf den Weg machen, fotografiert Hartmut noch die großen Krippenfiguren auf dem „Parque“ vor der Kirche. Hier sind die Figuren mit gewebten Gewändern aus bunt gefärbtem Fique bekleidet, was sehr, sehr schön aussieht. In anderen Orten sind die Krippenfiguren (und jede Stadt hat ihre) aus Ton, aus Metall,in Plastik-Gewänder gehüllt, mal sehen, was noch alles so kommt. Aus Onzaga heraus windet sich die Straße in Kurven immer höher auf einen Pass zu. Hinter dem Pass beginnt ein weites, trockenes Hochtal, in dem es keinen einzigen Baum mehr gibt. Stattdessen wachsen kakteenartige Pflanzen auf sumpfigem Gelände, die hohe gelbe Blütenschäfte hervor bringen. Wir sind fasziniert. Offenbar gibt es hier eine Wetterscheide. Da wir nicht wissen, wie lange wir bis zum nächsten Ort brauchen werden, fahren wir zügig durch diese fantastische Landschaft, und halten nur hier und da für ein paar Fotos. Auf einmal ist der ganze Zauber vorbei, denn wir kommen auf eine ungewohnte, super gute Asphaltstraße. Auf ihr rauschen wir durch eine dem Allgäu ähnliche Landschaft bis zum Ort Belen. Während einer Kaffeepause beschließen wir, nicht zum angepeilten Zielort Corrales, sondern nur bis Sogamosa zu fahren, einem etwas größeren Ort. Nach einer Irrfahrt durch die Stadt erreichen wir dann tatsächlich kurz vor der Dunkelheit das Hostel „Finca San Pedro“, inmitten eines schönen Gartens gelegen. Und hier gibt es endlich die ersehnte Waschmaschine, wenn auch nur mit kaltem Wasser zu betreiben; aber man wird ja bescheiden.

Und im Teil Kolumbien Teil 2 geht es weiter.