15.07.2103 bis 09.09.2013
Das Bild hier links zeigt die Wegstrecke durch Yukon und Alaska.
15.07.2013 Wir verbringen den Tag in Dawson City. Der Ort ist hübsch zurecht gemacht, mit den alten Häusern, den Bürgersteigen aus Holzbohlen und den unbefestigten Straßen .An der Uferstraße des Yukon stehen vereinzelt WoMos, noch ist die Hochsaison noch nicht so richtig in Schwung gekommen. Die Internet-Verbindung in der Bücherei ist so mies, dass wir im Visitor-Center um Hilfe bitten. Hier können wir wenigstens ein abgebrochenes Telefonat ohne Skype weiter führen. Telefonieren mit Bildtelefon schien in Deutschland kein Problem und war meine große Hoffnung, mit den Enkeln in Kontakt zu bleiben. In USA und insbesondere Kanada jedoch gleicht die Suche nach einem leistungsstarken Netz einem Vabanque-Spiel, und unser Zeitfenster ist äußerst klein: bis 10.00 am Morgen müssen wir „fündig“ werden, damit wir die lieben Kleinen vor deren Schlafen Gehen noch erreichen. Meistens sind sie dann müde und aufgedreht, und wollen lieber Fernsehen, statt mit Omi und Opi zu telefonieren. In Alaska wird es dann noch schwieriger für uns werden, da müssen wir wegen 10 Stunden Zeitverschiebung schon um 8 Uhr morgens irgendwo sitzen.
Am Abend bewundern wir vom Midnight Dome, einem Aussichtsberg, einen Teil Dawson Cities, den Yukon, und einen Teil des Bonanza Creek, in dem seinerzeit das Gold gefunden wurde, das den großen Klondike-Goldrausch auslöste. Weil wir keine Lust auf Campingplatz haben, biegen wir in einen Waldweg ein, und verbringen dort eine ruhige Nacht. Morgen wollen wir uns auf den Weg zum Dempster Highway machen.
Der „Dempster“ ist die einzige Straße, die in Kanada nach 750 Kilometern in Inuvik, im Mackenzie-Delta, fast am Arktischen Ozean, endet. Der Mackenzie-
River wiederum ist der zweitlängste Fluss mit dem größten Flussdelta Nordamerikas. Auf dem Highway wechseln sich mehrere Vegetationszonen ab. Auf den borealen Wald mit hohen Bäumen folgt die
Taiga mit kleinen, zum Teil weit verstreuten Bäumen, in großen Höhen erleben wir die Tundra, ein baumloses Gebiet mit dichtem Gestrüpp. Sowohl Taiga, als auch Tundra werden von unzähligen Seen
durchzogen. Der Dempster verläuft auf einer isolierenden Schotterschicht über dem Permafrost-Boden. Auf seinem Weg nach Norden bietet er dem
Betrachter immer wieder atemberaubende Blicke auf Bergketten, in weite Täler und Flüsse.
17.07.2013 Nachdem wir gestern nur bis zum Tombstone Territorial Park gekommen sind, und dort auf einem wunderschönen Campground übernachtet haben, machen wir uns trotz denkbar schlechten Wetters auf den Weg nach Inuvik, dem nördlichsten Punkt unserer gesamten Reise. Es regnet wie aus Eimern, das Womo ist nach kurzer Zeit schlammverkrustet. Wir steigen zwar ein paar Mal aus, aber der richtige Genuss will sich nicht einstellen. Mit den Hosen bleiben wir beim Aussteigen an der schlammverschmierten Innenkante des Autos hängen, die Türgriffe können nur noch mit spitzen Fingern betätigt werden. Auf dem ebenfalls total verschlammten und vermückten Campingplatz gibt es noch nicht einmal eine Wasserpumpe, sondern ein Schild, das in Richtung Fluss zeigt. Hartmut kommt mit schwappenden Wassereimern wieder und versucht, wenigstens das große Heckfenster und die Eingangstreppe einigermaßen zu reinigen. Ich denke in der Zwischenzeit darüber nach, wie viele Waschmaschinenfüllungen uns dieser Ausflug kosten wird.
18.07.2013 Heute Abend sitzen wir bei strahlender Sonne direkt am Polarkreis und genießen die atemberaubende Aussicht über ein weites Tal, eine Tundralandschaft. Die Fahrt war anstrengend, weil die Piste glitschig und schlammig war. Um die Piste zu stabilisieren, wird sie mit Öl präpariert.
Das mag der Piste gut tun, den Autos ganz bestimmt nicht. Auf halber Strecke gibt es an einem Resort einen Hochdruckstrahler, und Hartmut strahlt, was das Zeug hält, mindestens 5 cm dicken Ölschlamm vom Auto.
20.07.13 Heute Abend sitzen wir auf dem Jak Park Campground direkt bei Inuvik, Nach einer langen gestrigen Fahrt, die uns durch ein traumhaftes Gebirgspanorama, per Fähre über den Peel-River und den McKenzie-River geführt hat, sind wir am Abend in INUVIK eingetrudelt. Heute Morgen eilten wir dann in ein Schulgebäude, in dem noch bis zum Wochenende das bekannte Art-Festival von INUVIK stattfindet, eine Art Großtreffen aller namhaften Inuit-Künstler aus Alaska und allen nördlichen Territorien Kanadas. Eine Woche lang gibt es kulturelle Veranstaltungen und Workshops aller Arten, dazu eine hochkarätige Verkaufsausstellung. Eine geschnitzte Figur aus Seifenstein hatte es uns angetan, wir mussten sie einfach mitnehmen! Der Künstler, ein Inuit von einer kleinen Insel im Sankt Lorenz Strom im Nordosten Kanadas, war vor Ort, und wir schossen ein Erinnerungsfoto. Im wahrsten Sinne schwer beladen zogen wir am Abend glücklich von dannen. Die Fahrt hat sich auf jeden Fall gelohnt, obwohl sich die Tiere, die wir am Dempster Highway erhofft hatten, rar gemacht haben, von ein paar vorwitzigen arktischen Eichhörnchen mal abgesehen. Nun versuchen wir wieder einmal bei strahlendem Sonnenschein in einen erholsamen Nachtschlaf zu fallen, weil der morgige Tag wieder lang wird.
24.07.2013 Heute fahren wir bei schönstem Wetter wieder zu unserem alten Übernachtungsplatz auf einem Waldweg hoch über Dawson City, und ziehen ein Resumee der Fahrt über den Dempster High Way. Schließlich sind wir auf dieser Tour zum nördlichsten Punkt unserer gesamten Reise gelangt. Ja, es hat sich gelohnt: wir waren doch sehr überrascht von der Schönheit und Einzigartigkeit der Taiga- und Tundralandschaften. Und obwohl die letzten 200 Kilometer des Dempster durch eine absolut flache Landschaft gehen, ist es dennoch beeindruckend, dass sich hier ein See an den nächsten reiht, immer direkt neben der Straße. Die Seen, die außer Sichtweite sind, kann man wohl nicht zählen, es mögen hunderttausende sein. Die großen Tiere ließen sich, außer einer Gruppe von Weißkopfseeadlern, die gemeinsam an der Peel River-Fähre an einem großen Fisch zerren, leider nicht blicken. Aber dafür können wir einige Vogelbeobachtungen verbuchen, und Vögeln gehört mein Herz sowieso.
26.07.2013 Heute machen wir uns bei strahlender Sonne auf, um den „Top oft the World Highway“, der uns zurück in die USA/Alaska führen wird. Die Straße verläuft in großer Höhe über Bergkämme und gibt endlos weite Blicke auf die 2000 Meter hohen Ogilvie-Moutains auf der einen, und die fast ebenso hohen Dawson Range frei, alles bei bester Sicht.
Die Grenze zu Alaska kommt in Sicht; ich habe ein unangenehmes Gefühl im Bauch, das mich nicht täuschen soll. Als Hartmut nach einiger Zeit des Wartens nicht erscheint, begebe ich mich ebenfalls in das Grenzgebäude. Hartmut erklärt gerade, dass der kanadische Grenzbeamte unsere Bescheinigung der Aufenthaltsdauer in den USA eingezogen hat, mit dem Hinweis, er würde das Dokument an die US-Behörden weiterleiten. Der US-Beamte meint dazu nur, wir hätten das Dokument eigenständig entfernt, damit wir eine noch längere, als auf dem Dokument angegebene, Aufenthaltsdauer bei der jetzigen Einreise in die USA erhalten. Ich merke, wie mir der Kamm schwillt, und Hartmut befürchtet wohl ich könnte den Mund aufmachen. Da ich waschechte Berlinerin bin, habe ich über lange Jahre hinweg so eine Art „Grenzkontroll-Allergie“ entwickelt, resultierend aus dem Verhalten vieler DDR-Grenzer. Dieses US-Exemplar hätte man auch gut an eine DDR-Grenze stellen können, das gleiche bornierte Gehabe, die Herablassung, mit er uns schließlich gnädig ein Ersatz-Formular herüberreicht.
Als wir etwa zwei Wochen später unsere Schweizer wieder treffen, die, wie wir am gleichen Tag von Baltimore aus zu ihrer USA-Rundreise gestartet sind, erzählen Ähnliches; ja, die USA befindet sich im Krieg, Touristen einbezogen.
Bald jedoch, auf dem Weg nach Eagle, einem Mini-Örtchen am Yukon, haben wir den fiesen Grenzbeamten ad acta gelegt, und machen Sigh-Seeing auf der wunderschönen, schmalen Gravel Road. Nach einer Übernachtung irgendwo neben der Straße, verleben wir am nächsten Tag einen Nachmittag mit Himbeersuche am Yukon, und schauen uns im Visitor-Center ein Amateurvideo von 2009 an. Damals stauten sich im Frühjahr die Eisschollen des Yukon so hoch und so ungünstig, dass sich zunächst ein riesiger Wall bildete .Als der Wall durch nachfließendes Wasser brach, wurde ein Eskimodorf völlig überflutet, Eagle selbst kam mit einem blauen Auge davon.
28.07.2013 Auf dem Rückweg zur Kreuzung wird die Straße mehrfach von Karibous benutzt, ist halt einfacher, als durch hohes Gestrüpp zu laufen. Ich mache kurze kleine Filmchen, und wir wundern uns über den merkwürdigen Gang dieser Tiere. Zum Schluss können wir einige Zeit ein ausgewachsenes Exemplar bewundern: Es zittert und schüttelt sich, und schlägt mit den Hufen nach hinten aus, und rennt dann wie von Furien gehetzt davon: die Übeltäter sind die all gegenwärtigen Mücken, die die Tiere schier verrückt machen.
Vom Top of the World Highway sind wir auf den Taylor High Way eingebogen, der uns über den Ort Chicken direkt auf den Alaska Highway , und von dort auf dem Richardson Highway, nach Fairbanks bringen wird. Übernachtet wird auf einem netten, kleinen Campingplatz, der nunmehr als US-Campground, wieder einen Camphost hat. Diese uramerikanische Einrichtung hat Vor- und Nachteile. Einerseits befindet man sich immer unter der fürsorglichen Fuchtel des Camphosts (immer zusammen mit Ehefrau!!), andererseits gibt es nie Lärmprobleme, die Toiletten sind immer sauber, und der Camphost hilft immer und gibt gute Ratschläge: In diesem Fall der Hinweis auf massenweise Birkenpilze auf dem Gelände, die zugleich zum Abendbrot verarbeitet werden; Steinpilze sind auch dabei!
Chicken ist ein Goldgräbernest, und zehrt davon und von seinem Namen. Ein paar aufgemotzte Holzhäuser, eine kleine „Goldwaschanlage für den durchziehenden Touristen, und jede Menge „Chicken“, in Form von Anstecknadeln, Tellern, Kinderrucksäcken, usw…! Drum herum noch eine Menge Claims, die Gold enthalten, und von privaten Goldsuchern mit Baggern, Waschtrommeln und weiterem, schweren Gerät „durchforstet“ wird. Das Betreten solcher Anlagen ist streng verboten. Aber ob wir nun einen Krümel selbst gewaschenen Goldes nach Hause bringen sollen? Wir entscheiden uns, die Zeit nutzbringender zu verbringen, und stoßen auf dem Weg, welch ein Glück, auf eine Elchmutter mit Kind. Elche sind in der Regel scheu, und laufen davon. Elchbaby verzieht sich bald ins Gebüsch, nur die typische Elchnase im Miniformat und die großen Ohren lugen hervor. Mama Elch tut sich währenddessen am Fireweed gütlich. Fireweed, das sind die Blumen, die nach Waldbränden als erste Pflanzen dort wachsen, und abgebrannte Gebiete in eine Symphonie in Lila verwandeln. Fireweed wird auch zu süßem Gelee verarbeitet, kein Wunder, dass Elche diese Pflanze gern verputzen. Hartmut nutzt die Gelegenheit, um, gut versteckt hinterm Auto, wunderbare Nahaufnahmen zu machen.
Aber ob wir nun einen Krümel selbst gewaschenen Goldes nach Hause bringen sollen? Wir entscheiden uns, die Zeit nutzbringender zu verbringen, und stoßen auf dem Weg, welch ein Glück, auf eine Elchmutter mit Kind. Elche sind in der Regel scheu, und laufen davon. Elchbaby verzieht sich bald ins Gebüsch, nur die typische Elchnase im Miniformat und die großen Ohren lugen hervor. Mama Elch tut sich währenddessen am Fireweed gütlich. Fireweed, das sind die Blumen, die nach Waldbränden als erste Pflanzen dort wachsen, und abgebrannte Gebiete in eine Symphonie in Lila verwandeln. Fireweed wird auch zu süßem Gelee verarbeitet, kein Wunder, dass Elche diese Pflanze gern verputzen. Hartmut nutzt die Gelegenheit, um, gut versteckt hinterm Auto, wunderbare Nahaufnahmen zu machen.
30.07.2013 Wir sind inzwischen auf dem Richardson Highway, und müssen uns erst wieder an Asphalt und viel Verkehr gewöhnen. Der Richardson ist ein „Straßendorf“, d.h. schon 50 Kilometer vor der nächsten Ansiedlung mit Post, Tankstelle und Motel und bescheidenen Einkaufsmöglichkeiten, reiht sich am Highway ein typisch amerikanischer Briefkasten an den anderen. Wir müssen heute ordentlich suchen, bis wir ein Stück alter Straßenführung erwischen, hinter der wir einigermaßen ruhig übernachten können.
01.08.2013 Nach einer Fahrt am Tanana River entlang, dem größten Gletscherfluss der Welt, mit herrlichen Blicken über die schneebedeckten Alaska-Range, geht es nach Fairbanks.
Weil der Tag noch jung, und das Wetter so schön ist, melden wir uns spontan für eine Fahrt auf einem Raddampfer den Chena River hinab bis zur Mündung in den Tanana River. Es wird so eine Art Kaffeefahrt mit Halt in einem „echten Indianerdorf“, Verkauf von Räucherlachs in der Dose zum Vorzugspreis inklusive, mit gefühlten Hunderten von anderen Touristen. Wir beschließen, so etwas nicht mehr zu machen. Am nächsten Tag müssen wir einen Großeinkauf und einen Ölwechsel machen. als Belohnung beschließen wir den Abend auf der Terrasse des Pumphouses, eines angesagten Restaurants mit großer Terrasse über dem malerischen Chenai River.
02.08.2013 Freitag Heute verlassen wir Anchorage bei strahlendem Sonnenschein wieder. Wir wollen über Delta Junction den Denali Highway fahren, eine 210 Kilometer lange Gravel Road, grobe Richtung Denali National Park. Zuvor führen wir noch ein Bild-Telefonat mit unseren Enkelkindern. Unsere Schwiegertochter gibt sich wirklich alle Mühe, um ihre Jungs zu motivieren, aber die Kerlchen sind müde, sie kommen von der „Waldwoche“, eine Spielwoche im Wald ,die Heidelberger Kinder in den Sommerferien besuchen können. Ich bin ein bisschen traurig, aber das schöne Wetter hebt die Stimmung schnell. Zum Schluss noch ein Anruf bei Frau Daus, einer alten, lieben Bekannten, die alles über das Brotbacken weiß. Wir wollen das fade Amibrot nicht weiter akzeptieren, ich komme aber mit meinem tollen Natron-Buttermilchrezept aus dem Internet auch nicht so recht auf den grünen Zweig.
Dann düsen wir los. Es herrscht Fönwetter mit 32°C Außentemperatur. Am Tanana River glänzen über den Fluss hinweg in weiter Ferne die Gletscher der Alaska Range, ein wunderbares Bild.
Als wir auf den Richardson Highway einbiegen, fliegen wir fast weg, Starkwind ist angesagt, der Staub fliegt meterhoch. Rechts und links der Straße wieder die wunderbare Tundra-Landschaft, dazu ein Elch in der Mitte eines der vielen Seen. Ich kann mich kaum satt sehen an dieser Landschaft. Als wir am nächsten Morgen auf dem Campingplatz neben einem Gletschertal aus dem Fenster gucken, treibt der Wind wieder meterhohe Staubwolken von Gletscherabrieb vor sich her.
04.08.2013 Heute biegen wir vom Richardson Highway endlich auf den „unpaved“ Denali Highway ab. Obwohl es bewölkt ist, und der Regen nicht auf sich warten lässt, sind die Blicke in die weite Tundralandschaft betörend. Ab und zu kommt doch mal die Sonne hervor, und es gibt ein wunderbares Farbenspiel. Wir fahren durch ein weites Hochtal, hinter uns weiterhin die Alaska Range, noch in der Sonne. Hunderte kleinerer und größerer Seen säumen den Weg. Als wir über einen Pass in das Tal des MacLaren River hinunter fahren, ist die grandiose Aussicht nur zu erahnen. Aber nach wenigen Kilometern bricht die Sonne durch, und wir kehren um, und erleben das Tal in seiner ganzen Pracht. Als noch ein Stachelschwein die Straße quert, und wir ein paar Bilder machen können, ist das glück perfekt. Eine halbe Stunde später stehen wir auf einem „Snowmobile-Weg“ abseits der Straße mit großartiger Aussicht über die Alaska Range. Der nächste Tag verläuft fast ebenso perfekt: unglaublich schöne Landschaften mit Tundren, Bergen, dazu Flüsse, die durch die wilde Landschaft mäandern. Unterwegs ernten wir die ersten Blaubeeren der Saison für die Blaubeerpfannkuchen am Abend, den wir wieder abseits der Straße, völlig einsam und ruhig, beschließen.
07.08.2013 Wir stehen an der Bushaltestelle, und warten auf den Shuttlebus, der uns in zehn Stunden bis zum Ende der Straße durch den Denali-National Parks zum Ort Kanthisna und zurück bringen soll. Wir haben die Tour so gebucht, weil sie im Reiseführer so angepriesen wird. Tags zuvor gab es noch viel Fahrerei und Bürokratie (Anmeldung Campground, Shuttlebus, usw.), bis wir endlich auf dem Teklanika Campground am Teklanika-Fluss angekommen waren.
Am Abend zuvor habe ich noch ein „Campfire-Programm“ besucht, bei dem der junge Ranger mit viel Schauspieltalent das Verhalten einiger Denali-Vögel vorstellte. Zuvor jedoch erfolgt eine Einführung darin, was man tun soll, wenn man Bär, Wolf oder Elch begegnet, den drei unter Umständen gefährlichen Tieren im Park. Diese Einführung erfolgt vor jedem offiziellen „Campfire-Programm. Das muss man den Amerikanern lassen, in diesem Punkt sind sie gründlich und effektiv.
Die Busfahrerin ist eine kräftige Dame mit leiser Stimme, die ihre Kunden dahin gehend erziehen will, dass diese nicht bei jedem gesichteten Tier gleich aufspringen, dem Mitfahrer die Sicht versperren, und die Fenster eilig aufzuschieben, von Gesprächen mal ganz abgesehen. Eigentlich eine gute Sache, wenn die Dame nur nicht so flüstern würde, wo sie weiß, dass auch anders sprachige mit im Bus sitzen.
Die Busfahrt teilt sich in zwei Abschnitte auf. Der erste Abschnitt geht bis zum Eielson Visitor Center. Von dort hat man den ersten, atemberaubenden Blick hinüber zum Mount McKinley, in der Indianersprache eben Denali genannt. Der zweite Teil führt bis zu einem wunderbar gelegenen See und von dort noch ein paar Meilen weiter bis zu einem ehemaligen Goldminen-Dorf. Wenn die Sonne mitspielt, spiegelt sich im Wonder Lake der Denali.
Die Strecke vom Campground bis zum Visitor-Center ist atemberaubend. Die enge Schotterstraße, ohne irgendwelche Seitenbegrenzungen, windet sich in engen Kurven den Berg entlang. Wer nicht schwindelfrei ist, sollte im Bus nur die Bergseite wählen. Nirgend wo in Kanada und Alaska kann man das Zusammenspiel von schneebedeckten Bergen, Gletschern, Gletscherflüssen, Taiga und Tundra so intensiv und schön erleben, wie hier. Die Amerikaner lieben diesen Park, ob sie nun den Denali, der sich an zwei von drei Tagen bedeckt hält, sehen können oder nicht, zu Recht, wie wir meinen.
Der Denali ist aber nicht nur Landschaft pur, sondern auch Tierpark. Immer, wenn ein Tier irgendwo sichtbar wird, halten die Fahrer sofort an, und geben Tipps, in welchem Bereich sich das Tier gerade befindet. Für uns, die wir mittlerweile schon ganz gut umgangssprachlich bewandert sind, trotzdem eine Herausforderung. Aber es klappt ganz gut. Am Sable Pass ist die Tierdichte sehr hoch, und Wanderer haben hier Wanderverbot. Und hier passiert das Unglaubliche: ich entdecke einen Wolf, der aus dem Nichts auftaucht, und sich in der Flanke eines ausgewachsenen Karibou-Bullen verbeißt. Der Bulle dreht sich unentwegt, und versucht, mit seinem mächtigen Geweih, den Wolf zu treffen, vergeblich. Obwohl das Caribou den Wolf herumschleudert, lässt dieser nicht locker, und fügt dem Caribou eine tiefe Fleischwunde zu. Erst dann zieht er sich zurück. Das Caribou bleibt zitternd stehen. Wir hoffen, dass Tier wird den Angriff überleben. Aber die Gesetze der Natur sind anders. Als wir am nächsten Tag noch einmal den Shuttle-Bus benutzen, erzählt der Fahrer, wie die Sache ausging. Zunächst wurde das Caribou von einem anderen Wolf getötet, eine Wolfsmutter mit vier Jungen wurde am Kadaver beobachtet, zum Schluss beanspruchte ein Grizzly den Kadaver ; die Wölfe hatten sich umsonst ins Zeug gelegt.
Trotz dieser aufregenden Beobachtung können wir den Rest der Fahrt genießen, zumal wir auf der Strecke noch Bären, Caribous, einen Fuchs mit Beute und die wunderbaren, schneeweißen Dickhornschafe, wegen deren Schutz der Park überhaupt gegründet wurde. Der Berg der Berge zeigt sich gnädig und gibt sein Haupt ganz kurz zum Foto-Abschuss frei. Am Abend fallen wir todmüde ins Bett
08.08.2013 Am anderen Morgen bin ich wie gerädert. Noch einmal 6 Stunden Bus fahren???
Aber ich sage mir, dass ich wahrscheinlich hier nie mehr her kommen werde, und ziehe nach mehreren Kaffee-Infusionen mit Hartmut zur Bus-Haltestelle. Der Busfahrer ist einfach super: er spricht deutlich, hält an vielen Foto-Stellen extra an, und sieht aus den Augenwinkeln blitzeschnelle die Tiere, die uns sonst durch die Lappen gegangen wären. Etwa 50 Wölfe gibt es zur Zeit im Park, und wir haben wieder das Glück, einen großen grauen und einen weißen von ihnen beobachten zu können. Außerdem quert ein Grizzly die Straße. Der Denali ist heute voll sichtbar, und erhebt sich, fast aus der Ebene hinaus mit seiner Doppelspitze auf 6. 118 Meter, ein traumhafter Anblick.
Am nächsten Tag werden wir quasi von einem Grizzly verabschiedet, der in guter Sichtweite gerade dabei ist, einen Fuchs- oder Kaninchenbau auszuheben. Er schaufelt, wie verrückt, die Erde fliegt meterhoch, aber leider vergeblich, das Tier hat sich wohl noch gerade rechtzeitig aus dem Staub gemacht.
09.08.2013 Im Visitor-Center rufen wir Nat Kelsey an, der in Anchorage wohnt, und uns in Watson Lake, vor Wochen, eingeladen hat, bei Ihm vorbei zu schauen. Wir sind in diesem Punkt eher zurückhaltend, aber ich muss dringend zum Zahnarzt, und weiß, ohne Protektion ist es in USA nicht so einfach, privat einen Termin zu bekommen. Nat verspricht, sich um den Zahnarzttermin zu kümmern, und wir verabreden uns für Sonntagabend. Als alles an diesem Tag erledigt ist, suchen wir uns unseren Stellplatz auf dem ausgangsnahen Campingplatz, den wir schon vorgebucht hatten. Plötzlich stutze ich, habe eine Züricher Nummer an einem WoMo erspäht. Da kommen auch schon Ernst und Monika Bachmann herangelaufen; die beiden sind mit uns am gleichen Tag im März zu ihrer USA/Kanadatour gestartet, und sind am heutigen Tag im Denali eingetrudelt. Natürlich tauschen wir Erfahrungen und Erlebnisse bis Mitternacht aus, bevor wir in die Betten plumpsen.
11.08.2013 Wir suchen die Adresse von Nat und Jill Kelsey in Palmer, ca. 70 Kilometer von Anchorage entfernt.
Schließlich fahren wir eine längere Auffahrt hoch, und stehen vor einem riesigen Blockhaus, das auf einem ebenso riesigen Grundstück in wunderbarer Umgebung steht. Der Hausherr bittet uns herein, und stellt uns die junge Ehefrau Jill, die kleine 6 Monate alte Tochter und den ältesten, 18 Jahre alten Sohn Adam vor. Im Ofen brutzelt der selbst geangelte Lachs, auf dem Couchtisch stehen Leckereien und ein edler Rotwein. Der Blick aus dem Fenster offeriert ein Bilderbuch-Panorama: Ein See, in dem sich die Berge und Gletscher der Chugach Mountains spiegeln. Wir sind begeistert. Nat hat sogar schon einen Zahnarzttermin für Montag organisiert. Ich bin unendlich erleichtert, zumal ich den Zahnarzttermin etwas auf die lange Bank geschoben habe. Die Geschichte von Nat ist die amerikanische Erfolgsgeschichte, wie sie eben nur in den USA so verläuft: Ausbildung zum Hubschrauberpiloten bei der Armee, Weiterbildung zum Jetpilot der Air Force, und bald darauf Postflieger von Fed Ex, einer der großen Postversand-Imperien, die weltweit agieren. Ca. die Hälfte des Monats wird geflogen, die andere Hälfte kann Net zu Hause verbringen. Der älteste von drei Söhnen aus erster Ehe wird dem Vater nacheifern, in wenigen Wochen wird er gleich nach der High School zu den Marines gehen. Natürlich steht zurzeit die kleine Tochter vermehrt im Mittelpunkt. kein Wunder, es ist ein zufriedenes, süßes Baby, das Papa wohl bald um den kleinen Finger wickeln wird. In der Freizeit geht Nat auf die Jagd, und zwar mit Pfeil und Bogen; und dazu passt, dass er als zweites Hobby wunderbare Messer herstellt. Als glücklicher Umstand erweist es sich, dass die Kelseys in keiner Weise prüde erscheinen. Der Nachbar möchte „Pubs“, also kleine Hunde von der hauseigenen Hundedame haben. Soll er bekommen. So laufen an den drei Tagen, an denen wir bei den Kelseys sind, zwei riesige Bulldoggen durch den Garten, und „schnackseln“, was das Zeug hält, teilweise unfreiwillig komisch anzusehen.
Ich habe inzwischen einen Backenzahn eingebüßt, der eh als „Wackelkandidat“ galt, Diagnose: nicht zu retten. So laufe ich am Dienstagnachmittag mit Eispackungen durch den Garten, Jill versorgt mich ganz lieb mit Eispackungen und Getränken. Als der Schmerz so richtig reinhaut, rette ich mich mit einer vom Arzt verschriebenen, wirklich hammermäßigen Schmerztablette ins WoMo und ins Bett.
14.08.2013 Bevor wir heute aufbrechen, machen wir noch ein paar Abschiedsfotos mit den Kelseys, und brechen dann nach Talkeetna auf, von wo aus Hartmut unbedingt einen Gletscherflug ins Denali-Gebiet machen möchte. Als wir dort ankommen, ist das Wetter bescheiden, aber Hartmut möchte unbedingt, wer weiß, wie sich das Wetter noch entwickelt. Der Flug wird, wie ich befürchtet habe, eine Enttäuschung, da der Pilot auf Sicht fliegen muss, und die Wolken mittlerweile auch die Gletscher in den oberen Bereichen verhüllen. Dennoch können wir uns aus der Luft ein gutes Bild von der Ausdehnung des Denali-Parks machen. Auf dem Rückweg am nächsten Tag, wieder Richtung Anchorage, kann ich nicht widerstehen, und kaufe die hiesige Spezialität, einen hochkonzentriert eingekochten Birkensaft-Sirup, garantiert „organic“, und superlecker.
Weil wir nicht noch einmal bei den Kelseys klingeln möchten, bleiben wir für eine Nacht auf dem Eagle River Campground, dessen Rauschen sehr angenehm den Höllenlärm auf dem nahe vorbei führenden Glen Highway übertönt. Der nächste Tag vergeht auf dem Platz mit Berichte schreiben, Fotos bearbeiten und Brot backen, eine Tätigkeit, zu der ich verdammt bin, seitdem Hartmut vor kurzem das erste „essbare“ Brot probiert hat. Aber es geht superschnell, und ist eine echte Alternative zum geschmacklichen Niemand in den Brotregalen der Supermärkte, und leider auch der wenigen Bäckereien. Am Abend besuchen wir Ralf und Mervi Schley, die mit ihrem MAN auf Langzeit-Tour sind, so wie wir. Das schicke Gefährt strahlt außen Solidität, innen Luxus aus. Die Einrichtung ist wirklich super, alles durchdacht und am richtigen Platz, sogar eine Tischlampe darf mit fahren. Wir fühlen uns wohl in dem Gefährt, kommen aber zu dem Schluss, dass wir mit unserem WoMo genau das haben, was wir brauchen.
18.08.2013 Nach einem arbeitsreichen Tag in Anchorage (Wäsche waschen, Kleinteile kaufen und umtauschen, Großeinkauf Supermarkt) sind wir erst am Abend aus der Stadt gefahren, und haben bei strömendem Regen auf einem Kiesplatz übernachtet. Den ganzen heutigen Tag hat uns der Regen begleitet, bis wir in Seward direkt an der Bucht neben vielen anderen WoMos in einer Reihe stehen. In Seward haben wir noch eine mehrstündige Bootstour gebucht, für die wir mit unserem „Alaska Tour Saver“ nur für eine Person bezahlen müssen.
19.09.2013 Das Wetter ist mäßig, der Kapitän trotzdem optimistisch. Wir fahren durch die lange Resurrection Bay, durch Inseln hindurch bis zum Holgate Gletscher, der hier ins Meer kalbt. Die Tierwelt ist beeindruckend: Orcas, ein Buckelwal, Steller Seelöwen, Seehunde, Seeotter, Papageientaucher, die lustigen Gesellen mit den knallorangefarbenen Schnäbeln. Obwohl kein Wind herrscht, ist die Dünung mächtig, und der Katamaran wird hoch und runter gehoben, so dass das Fotografieren einer Jonglage gleicht. Ich werde zu allem Überfluss so richtig seekrank, das Essen will nicht mehr dort bleiben, wo es hin gehört. Zum Glück habe ich ein Zäpfchen gegen Übelkeit eingesteckt. Etwas spät zwar, aber immerhin nach einer Stunde ist die Sache ausgestanden. Ich nippe am alkoholfreien „Margarita mit echtem Gletschereis“, und frage mich, wie ich so dumm sein konnte, und mir nicht eine Tablette vor Beginn der Seefahrt eingeworfen habe.
21.08.2013 Punkt neun Uhr sitzen wir im Aquarium von Seward und schmeißen unseren Rechner an, um mit unseren Enkelkindern zu telefonieren. Große Aufregung daheim: Wie Mattis, der Vierjährige berichtet, hat Papa ein Tablett auf die Küchenanrichte gestellt, und dabei eine richtige, wunderbare grüne Omega-Raupe übersehen. Die Raupe ist nicht mehr am Leben, und mein Enkel Linus untröstlich. Wir sind überrascht, wie deutlich unser Enkel auf einmal spricht, und wie genau er die Situation schildert. Das ist neu für uns. Linus, der Sechsjährige, weint, ist verzweifelt, nur langsam kommt ein Gespräch zustande. Aber immerhin haben wir ein Thema. Oft wissen die Jungs nicht so recht, was sie der Omi und dem Opi so erzählen sollen. Nach dem Telefonat machen wir uns auf den Weg nach Whittier. Unser Plan: mit dem Boot nach Valdez, und von dort noch einmal eine Bootstour an den Gletschern entlang machen, und/oder noch einmal einen Flug wagen.
Leider ist bis Ende August jedes Fährschiff ausgebucht, und so machen wir uns am nächsten Morgen bei strömendem Regen erneut nach Anchorage auf, grobe Richtung von dort: über den Glenn Highway Richtung Tok und dann nach Whitehorse. Zuvor gucken wir uns am Campingplatz noch die schier unübersehbare Zahl von Lachsen in einem kleinen Fluss an, die, hier gegen die Strömung ankämpfend, versuchen, den Platz zu erreichen, an dem sie geboren wurden, um dort zu laichen. Ein Mann meint, dass er in den 30 Jahren, in denen er hier her kommt, noch nie so viele Lachse gesehen hat, wie in diesem Jahr.
Überall dort, wo die Flüsse ins Meer münden, stehen scharenweise die Petri-Jünger und brauchen jetzt meist nicht lange zu warten, bis sie einen der begehrten Fische an der Angel haben.
Hartmut will eigentlich auch mal sein Glück versuchen, aber der Dauerregen dämpft jeden Tätigkeitsdrang. Wir fahren noch ein Stück den Highway hinauf, dann ist für diesen Tag Schluss.
24.08.2013 Nach einem langen gestrigen Fahrtag mit Highlights rechts der Straße mit vielen tollen Blicken auf verschiedene Gletscher, beschließen wir am Abend, noch einen Versuch in Richtung Berge zu wagen.
Das Wetter hat sich etwas berappelt, und so beschließen wir, in den Wrangell Saint Elias National Park hinein zu fahren. Der Park ist der größte National Park der USA, er ist sechs Mal so groß, wie der Yellowstone National Park. Hier steht der zweithöchste Berg der USA, der Mount Saint Elias. Wir werden etwa 60 Kilometer eine Asphaltstraße und dann 90 Kilometer eine gravel road fahren, an deren Ende die Reste der ehemaligen Kupfermine Kennecott zu besichtigen ist. Außerdem kann man von dort unter anderem Wanderungen zum Fuß von drei Gletscherzungen machen, die dort zusammenfließen. Durch eine wiederum grandiose Landschaft, entlang des Chitina Glacier Rivers, fahren wir Richtung Kennecott. Am Abend kommen wir am Campingplatz an, der 800 Meter vor Ende der Straße liegt. In der Nacht sehen wir am nördlichen, klaren Sternenhimmel ein schwaches Nordlicht. Leider ist es wegen des leuchtenden Mondes nicht so farbenprächtig, wie wir es aus Finnland her kennen. Am nächsten Tag fahren wir mit dem Shuttle-Bus 9 Kilometer bis Kennecutt, wo auch diese kleine Straße endet, und es nur noch Wanderwege gibt. Die baufälligen Gebäude der ehemaligen, einst reichsten Kupfermine der USA ziehen sich, noch immer ochsenblutfarbig, den Hang hinauf. Das Betreten ist streng untersagt. Der Wettergott meint es gut mit uns, so dass wir tatsächlich bis zum Gletscherfuß gelangen; unterwegs wird wieder kräftig gesungen. Immer wieder werden hier Bären auf den Wanderwegen gesichtet. Es ist Beerenzeit, und die Bären grasen sehr gern die leicht zugänglichen Büsche an den Wanderwegen ab. An verschiedenen Stellen liegen riesige Haufen Bärenkot, knallrot gefärbt, ein einziger Beerenbrei, und am Tag zuvor war einer Mutter mit einem Kind genau auf unserem Wanderweg ein Bär erschienen.
Die Gletscher, die sich hier vereinen, sehen sehr unterschiedlich aus. Während der obere Teil wie ein typischer Gletscher weiß ist, ist der untere, viel längere Teil schwarz. Der weiße Teil des Gletschers bewegt sich, weil er Nachschub aus den Bergen bekommt. Der untere Teil bewegt sich kaum, es hat sich eine dicke, meterhohe Dreckschicht angesammelt, auf der auch Neuschnee schnell wieder wegschmilzt. Faszinierend ist jedoch, dass an den Rändern dieses Gletschers das Eis dunkel schimmert. Als wir am Abend wieder Richtung Campingplatz marschieren, hält ein Auto an: wir sollten doch ein wenig aufpassen, gerade eben da vorn sei ein großer Bär ins Gebüsch gelaufen. „Keine Sorge“, sagt die bezopfte, ältere Frau im Auto, ein bisschen aufpassen sollten wir trotzdem, das hier sei eben Alaska. Langsam glauben wir das auch.
27.08.2013 Nach einem herrlichen Sonnentag auf dem Zeltplatz, mit Brot backen, Tagebuch schreiben und sonnen geht es zurück bis zum Copper River. An den Flussbänken gibt es einen offiziellen Stellplatz, die Ausstattung beschränkt sich auf eine Chemie-Toilette. Dafür ist die Aussicht bombastisch. Vor uns der gurgelnde Copper River, der trotz der späten Jahreszeit noch immer viel Wasser hat, auf der anderen Seite versinken die vergletscherten Berge des Wrangell-St.Elias National Parks in der Abendsonne. Eine Familie aus Deutschland, sowie ein Langzeitreisender aus Ulm (mit einer BMW und Zelt unterwegs) teilen unsere Begeisterung. Der BMW-Fahrer, der schon den halben Globus umrundet hat, kommt aus Südamerika, und bestätigt, was wir schon von einigen Kontakten mit Südamerika-‚Fahrern erfahren haben, nämlich dass in nahezu allen Ländern die Menschen sehr nett und hilfsbereit seien.
28.08.2013 Bei immer noch schönem Wetter fahren wir die gleiche Strecke zurück bis zum Tok cutoff. Hartmuts Idee: am nächsten Morgen wollen wir über die Nabesna Road noch einmal in den wunderbaren Wrangell-St.Elias Park fahren. Der Park ist ein reiner „Wilderness-Park“, d.h. es gibt außer insgesamt 3 Straßen (eine im kanadischen Teil des Parks) keine Möglichkeit hier herein zu kommen. Nur zu Fuß, mit Karte und Kompass bewaffnet, machen sich hier berg- und bärenerfahrene Hiker im Sommer auf den Weg. Jetzt, Ende August, kann sich das Wetter hier jederzeit dramatisch verschlechtern. Aber als wir, nach einer wunderbaren Fahrt mit wunderbaren Blicken auf die vergletscherten Berge des Wrangell Parks die Nabesna Road erreichen, ist das Wetter schon so regnerisch, dass wir die Entscheidung auf den nächsten Morgen vertagen. Zum Glück ist ein paar Kilometer weiter ein Campground, auf dem wir die Nacht verbringen.
30.03.2013 Unsere Entscheidung, aufgrund des schlechten Wetters nicht noch einmal in den Wrangell Park zu fahren, war goldrichtig. Nach einem Trödeltag bei Nieselregen, telefonieren wir am frühen Morgen mit den Kindern, und gehen danach zum Einkaufen. Lustigerweise treffen sich heute am einzigen, halbwegs vernünftigen Supermarkt alle Langzeitfahrer aus Deutschland und Österreich (die Schweizer sind diesmal nicht dabei!) Wir treffen das österreichische Paar als Valdez wieder, werden von einem Pärchen mit einem Toyota Van angesprochen, die auf dem Weg nach Südamerika sind, und treffen uns bei Familie Frey in deren Luxus-MAN auf einen Kaffee. Bei Freys machts die Heizung zurzeit nicht, bei uns steht die Reparatur unserer Dusche an. Als wir im Auto sitzen, denke ich: „ wie beruhigend, dass auch bei großen Fahrzeugen was kaputt geht. In den nächsten Tagen denke ich ob des schlechten Wetters oft daran, ob Freys ihre Heizung schon reparieren konnten.
Im Anschluss daran versuchen wir im Visitor-Center noch eine Bootstour in den Glacier National Park zu organisieren, obwohl das Wetter nicht gerade dazu einlädt. Aber nicht nur das Wetter spielt nicht mehr mit: der Veranstalter stellt diese Tour zum ersten September ein. Wir sind natürlich sehr enttäuscht, müssen uns aber ein wenig an die eigene Nase fassen: Wir sind bei schönstem Wetter durch das Yukon-Gebiet und die Northwest-Territories gefahren, und haben dabei immer mal wieder den einen oder anderen Tag vertrödelt. Ich habe zwar immer mal wieder etwas gedrängelt, aber Hartmut will lieber in den Tag hinein fahren. Auf jeden Fall sind wir ab Tok nur noch der Sonne hinterher gefahren, aber der Wettergott war uns nicht mehr hold.
01.09.2013 Wir sind auf dem Weg nach Haines, an der Küste, in der Hoffnung, von dort aus, vielleicht noch einen Flug über die Glacier Bay buchen zu können. Alles hängt, wie gesagt, vom Wetter ab. Auf halbe Strecke kommt endlich die Sonne etwas hervor, und wir ahnen mehr, als wir sehen, die Schönheit dieser Strecke zwischen Haines Junction und Haines.
Der Herbst hat bereits begonnen und die Tundra wird langsam bunt. Auf halber Strecke nach Haines machen wir Picknick mit einer "Fototapete" als Hintergrund. Die Gletscher leuchten in der Sonne.
Wir fahren zunächst am Porcupine River entlang, ein Gletscherfluss, der dann in den Chilkat-River mündet. Auf den Sandbänken des Porcupine Rivers entdecke ich 16 Weißkopfseeadler, die dort auf Lachse warten, die den Fluss aufwärts ziehen, um in ihr Laichgebiet zu gelangen. Das Gebiet am Chilkat Lake ist im Winter Schauplatz der größten Versammlung von Weißkopfseeadlern weltweit (ca.3000 Tiere) und ist als Schutzgebiet für diese mächtigen Vögel ausgewiesen. Den Adlern begegnen wir in Haines auf Schritt und Tritt, als Souvenir, in diversen Adlerhorsten, an Flüssen und im wunderbaren Center der Eagle Foundation. Dort werden sowohl verletzte Adler als auch andere kranke Vögel aufgezogen, es wird ein Film über die Adler im Winter gezeigt, und eine sehr schöne Ausstellung zu den Tieren im Haines Valley.
Wir treffen dort auch den Initiator des Centers, einen pensionierten Lehrer, der sich beim Bau des Centers vor 26 Jahren eine Rückenverletzung zugezogen hat, und seitdem im Rollstuhl sitzt. Er ist ein wandelndes Lexikon, und referiert kundig und unterhaltsam über „seine“ Tiere. Wir bleiben viel länger, als geplant.
Außer den Adlern hat Haines auch noch ein weiteres Highlight zu bieten, nämlich Bären beim Lachsfang zu beobachten. Zu dieser Jahreszeit müssen sich Bären einen Speckwanst von zusätzlichen 40% ihres Körpergewichtes anfuttern, sonst überleben sie den Winterschlaf nicht. Deshalb gilt ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit den Lachsen. Menschen können sich also in dieser Zeit näher an diese Tiere heran wagen. Auf dem Weg zum Chilkoot Lake Campground fahren wir den Chilkoot Riverentlang, der vom Chilkoot Lake kommend in den Chilkoot Inlet, also ins Meer mündet. Auf halbem Weg dorthin befindet sich ein Wehr mit einem Drahtzaun, an dem die Lachse, die in den Chilkoot Lake wollen, gezählt werden. Nur an einer Stelle können sie das Wehr passieren. Die Bären der Umgebung kennen diese Stelle, und ziemlich genau drei Mal täglich kommen sie aus dem Wald, queren die kleine Straße, und begeben sich zum Lachse fangen ans Wehr. Das ist für Touristen einer von mehreren Orten in Alaska, an denen man Bären beim Lachse futtern beobachten kann.
Wir haben das Glück, und können mindestens eine Stunde lang eine Mutter mit Kind beobachten. Der kleine Bär „übt“ noch. Er läuft auf dem Wehr entlang, angelt sich einen riesigen Lachs, den er jedoch nicht lange in der Schnauze hat. Der Lachs fällt ins Wasser, gleiches Spiel von vorne. Es ist halt noch kein Meister vom Himmel gefallen. Mutter Bär verputzt derweil seelenruhig einen Lachs nach dem anderen. Nach einer Ewigkeit trollen sich die beiden dann wieder in den Wald, nicht ohne vorher noch einen kleinen Spaziergang in Richtung Touristen gemacht zu haben. Wir geben den Tieren mehr Raum, und sie verschwinden dann auch. Selten hat uns eine Tierbegegnung so fasziniert.
Am nächsten Tag machen wir noch einen Ausflug die Mud Bay entlang, die Sonne zeigt sich wider Erwarten eine Zeitlang, und leuchtet die Gletscher an, die oberhalb der Mud Bay leuchten. Am Ufer beobachten wir eine Flussotter-Mutter, die mit ihren beiden Sprösslingen aus dem Wasser kommt, und dann über die Felsen davon eilt. Am späten Nachmittag, als wir wieder am Campingplatz sind, kommt Hartmut doch noch zu einer „Angel-Runde“. Innerhalb von zwei ‚Stunden zaubert er mir 3 Fische ins Tiefkühlfach und jede groß genug für eine Mahlzeit.
04.09.2013 Nach einigen Telefonaten mit Tour-Anbietern in Juneau, entschließen wir uns, unsere Schiffstickets nach Juneau auf Skagway umzubuchen. Die Gründe liegen zum einen im kühlen, regnerischen Wetter, zum anderen darin, dass alle Touranbieter von Juneau aus den Freitag nicht im Programm haben. Dieser Tag wäre, laut Wetterbericht, der einzig halbwegs trockene Tag gewesen. Eine Küstenfahrt bei Regen und Nebel aber ist nicht das, was wir uns vorgestellt haben. Wir machen also einen Schnitt, und beschließen kurzerhand über Skagway nach Whitehorse zu fahren. Vielleicht bekommen wir dort Materialien, um unsere wackelige Duschwanne wieder instand zu setzen. Die Entscheidung erweist sich als richtig, zumal der Himmel auch am nächsten Tag weitgehend bedeckt bleibt.
07.09.2013 Wir campieren und pausieren auf dem Wolf Creek Yukon Government Campground bei Whitehorse. Auf dem Tisch stehen Duschwanne, Waschbecken, Toilette, Holz, diverse Schäume und Werkzeug. Wir schicken einige Stoßgebete gen Himmel, damit erstens die Reparatur als solche gelingt, und zweitens die Wanne nicht mehr bricht und dicht hält. Die Duschwanne darf sich nicht einen mm bewegen, auch wenn der Herr des Hauses darauf steigt. Sonst sind in den nächsten Wochen entweder Außendusche bei herbstlichen Temperaturen angesagt oder Körperpflege am Waschbecken im Womo.
09.09.2013Die Reparatur hat nicht geklappt. Wie gewohnt, habe ich nach 14 Stunden das Gewicht von der Duschwanne weggenommen (wir wollten auch weiter fahren). In den kommenden Tagen hat der Schaum weiter ausgehärtet und - da ohne Gewichtsbelastunmg - sich auch weiter ausgedehnt. Die Duschwanne ist jetzt schwanger im 7. Monat. Durch die Wölbung gibt es weitere Risse, d.h. Aussenduschen ist jetzt angesagt.
Wir stehen im Visitor-Center der Tlingit-Indianer am riesigen Teslin-See und bewundern die herrlichen bemalten Holzmasken und die Perlenstickereien der traditionellen Leder- und Fellbekleidung. Die Tlingit haben ursprünglich an der Küste gelebt, sind ins Landesinnere gezogen und haben immer noch Verbindungen zu den Stämmen an der Küste. Draußen stehen wunderbare Totempfähle, am Seeufer bewundern wir einen großen, bemalten Einbaum. Auf dem Parkplatz steht der große Mercedes-Truck eines Schweizer Pärchens, die schon seit drei Jahren in Nordamerika unterwegs sind. So richtig kommt jedoch die Unterhaltung nicht in Gang. Später dann auf einem Parkplatz gibt es ein erfreuliches Wiedersehen mit einem jungen deutschen Auswanderer, der in Whitehorse lebt. Wir hatten ihn und seine Eltern in Ross River/Yukon getroffen. Sehr spät in der Nacht wache ich auf, und inspiziere den glitzernden Sternenhimmel; wir hoffen nämlich auf Nordlicht. Und siehe da, ein grünen Licht, sehr zart, bewegt sich über uns und in Richtung Norden.
Es ist beeindruckend, in welcher Geschwindigkeit Hartmut sogleich seine Kamera-Ausrüstung vorn aus dem Wagen zieht, um „seine“ Bilder zu machen, alles im dünnen Schlafanzug bei Temperaturen zum Frösteln.